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Alt-Frankfurter Kantaten

Begleittext 1) zur Langspielplatte Ursina Motette Digital M 50160 (LC 5095)
LP vergriffen, Musik-Cassette noch erhältlich (siehe unten).

Weltersteinspielungen

Seite A 2):

Georg Philipp Telemann (1681-1767)
Psalm 96 "Singet dem Herrn ein neues Lied"
(Edition: Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart)

Seite B:

Johann Balthasar König (1691-1758)
Psalm 121 "Ich hebe meine Augen auf"
Kantate "Mein Glaubenslicht"
(Nach Manuskripten der Stadt- und Universitätsbiliothek Frankfurt/M.)

Uta Spreckelsen, Sopran; Ute Herbert, Alt
Paul Sorgenfrei, Tenor; Manfred Volz, Baß
Klaus Speicher, Violine; Wolfram vom Stain, Violoncello
Gudrun Latta, Orgelpositiv
Heinrich-Schütz-Kantorei Frankfurt/M.
Frankfurter Instrumentalensemble
Leitung: Horst Christoph Diehl

Aufnahme: 29./30. September 1984, Alte Nikolaikirche am Römerberg in Frankfurt/M.

MOTETTE-Schallplattenverlag Wiesbaden / G. u. G. Klein
Künstlerische Aufnahmeleitung: Dr. Christine Finkbeiner, Frankfurt

Musik-Cassette:
Preis: 5,00 DM / 2,40 EURO zzgl. Versandkosten
Bestellung an die Kantorei, auf Wunsch mit Plattencover-Kopie

Durch Rezensionen in verschiedenen musikalischen, theologischen und historischen Fachzeitschriften nachdrücklich empfohlen!

Heinrich-Schütz-Kantorei Frankfurt/M.
Römerberg 9
60311 Frankfurt/M.
Fax (069) 13 37 95 95
 
[Einschub:

Auf der Titelseite der LP-Tasche ist der berühmte, aus dem Jahr 1822 stammende, minutiös gearbeitete, farbige Kupferstich von Friedrich Wilhelm Delkeskamp (1794-1872) in schwarz-weiß abgedruckt: Ansicht des Römerbergs mit der Nicolaikirche zu Frankfurt am Main (Wiedergabe siehe hier in www.MusikAltNikolai.de in der Abteilung MAltN-Bilderbuch) 3).

Weiterhin findet man auf dem Cover einen Ausschnitt aus einem Stadtplankupferstich von Matthäus Merian dem Älteren (1593-1650) "Frankfurt im 18. Jahrhundert" 4). Auf dieser Gebäude-, Gassen- und Plätzekarte lassen sich aus der Vogelperspektive mit einiger Phantasie die städtischen und täglichen Wege Telemanns und Königs nachempfinden. Man sieht in der Mitte unten den Römerberg mit dem Rathaus und der Nikolaikirche (nicht "Alte", denn die "Neue" gab es noch nicht); rechts den monumentalen Kaiserdom. Nach Norden hin an der Neuen Kräme links die Barfüßerkirche (Vorgängerbau der 1833 eingeweihten Paulskirche), am Liebfrauenberg das Haus Braunfels, an der Hauptwache die Katharinenkirche (Neubau 1681) und am linken Rand den Roßmarkt.

Drittens zeigt ein Holzschnitt "die Barfüßer Kirche inwendig." 5) Man bemerkt unter den Initialen W T (= Wilhelm Traudt) die Jahreszahl "1653", sieht eine interessante Chor- und Emporengestaltung (für Mehrchörigkeit!) und zudem allerlei soziales Abgrenzungsgehabe. Es gab damals, wie wir wissen, Gläubige unterschiedlicher Ordnung: hier werden uns evangelische gezeigt, solche zumindest erster, zweiter und dritter Ordnung. Die erste beäugt das Darunter von den EMPORen aus (Männer), die zweite ist betend in ihren Logen eingekastelt (Frauen) und die dritte hat auf einem Stuhl oder gar Schemel im Gang Platz zu nehmen. Alle Dokumente befinden sich in der Sammlung des Historischen Museums Frankfurt am Main. (Einschub, teilweise nach Angaben auf der Hülle, DP)]

 


Frankfurt am Main

Die alte Freie Reichsstadt Frankfurt am Main war schon früh berühmt als Messeplatz und erfuhr bisweilen allerhöchste Bedeutung zu Zeiten von Kaiserkrönungen. Selbst nie Residenz, war sein Musikleben schon immer "bürgerlich": meist weniger glanzvoll als anderwärts, doch stets von beträchtlicher Breitenwirkung.

In ganz alten Zeiten hatte es nur die Bläser des Stadtmilitärs als städtische Musiker gegeben, doch viele Bürger musizierten eifrig und anspruchsvoll, je mehr ihre Stadt zu einem Zentrum für Notendrucke und Instrumentenbau wurde.

1623 schuf der Rat, zugleich Kirchenregiment, das Amt eines städtischen Musikdirektors zur Leitung aller angestellten wie nichtangestellten Musikanten, speziell zur Komposition und Aufführung der Kirchenmusik in der lutherischen Hauptkirche, der dem Römer benachbarten Barfüßerkirche (1271 als Klosterkirche erbaut, in der Reformationszeit dem Rat übergeben; 1787 abgebrochen und 1789-1833 neu gebaut als die Paulskirche).

Erster Amtsinhaber war Johann Andreas Herbst aus Nürnberg. Trotz des dreißigjährigen Krieges nahm das Frankfurter Musikleben ungeahnten Aufschwung; an der Barfüßerkirche gelang sogar die Gründung eines Berufssängerchores. Die weiteren Kapellmeister waren dann: 1666 Daniel Lommer, 1682 Georg Christoph Strattner, 1692 Johann Heinrich Christan, 1712 Georg Philipp Telemann, 1721 Johann Christian Bodinus und 1727 Johann Balthasar König. Vor allem das Collegium rnusicum der Patrizier-Gesellschaft der Frauensteiner blieb stets auf hohem Niveau.

 
Telemann

Mit der Berufung Telemanns 1712 gelang dem Rat die dazumal allervorzüglichste Besetzung des Amtes. Er war kein "studierter" Musiker (Schüler eines bestimmten Meisters), besaß jedoch überragende Fähigkeiten. Aus dem (1681 in Magdeburg geborenen) Jura-Studenten zu Leipzig war bald der offiziell bestellte Leiter des studentischen Collegium musicum geworden, das Kirchenmusik und Opern pflegte, der dann über die Höfe von Sorau und Eisenach in die "Republik" Frankfurt gelangte.

Wenn gerühmt wird, daß er hier erstmals für Deutschland ein "öffentliches Konzert" (gegen Eintrittsgeld) veranstaltet hat, sein Passionsoratorium am 2.4.1716 in der Barfüßerkirche, muß man bedenken, daß Musik-Aufführungen bis dahin ausschließlich in Gottesdiensten oder gesellschaftlichen, meist höfischen Veranstaltungen stattgefunden hatten, also subventioniert gewesen waren. Hier hat "bürgerliches" Konzertwesen begonnen! Dazu diente auch "das wöchentliche große Concert", eine Mischung aus geselligem Musizieren und Konzert-Darbietung, donnerstags im Hause Braunfels, dem Sitz der Frauensteiner, wo er selbst auch seine Wohnung hatte.

Telemann ging nach neun erfolgreichen Jahren in Frankfurt 1721 nach Hamburg und wirkte dort 46 Jahre in ähnlicher Position, nur auch als Leiter der Oper; eine solche gab es in Frankfurt noch nicht. Immerhin blieb er Frankfurter Bürger, vielleicht aus steuerlichen Vorteilen, und verpflichtete sich, weiterhin regelmäßig Kompositionen nach und für Frankfurt zu liefern, nicht zuletzt Sonntagskantaten. Dies "klappte" beiderseits insofern gut, als er mit seinem Nachfolger J.B.König gut befreundet, sogar Pate dessen Sohnes war.

 
König

Johann Balthasar König, im Januar 1691 in Waltershausen bei Gotha in Thüringen geboren, kam schon im Alter von 12 Jahren als Kapellknabe nach Frankfurt, ins Haus des Kapellmeisters Christan, wo er neben seiner Ausbildung vor allem wohl einen guten Überblick über alle damalige Musik bekam, denn die Frankfurter Notenbestände waren außergewöhnlich umfangreich. Später unter Strattner, Telemann und Bodinus war er Baß-Sänger, Violoncellist und (wohl ab 1718) Vicekapellmeister. Als Bodinus 1727 starb, befand der Rat, daß König "sowohl die Barfüßer als Katharinen Kirche bedienen möge". Bis zu seinem Tode im April 1758 war er dann Capell-Direktor. Man rechne: 15 Jahre Sängerknabe und Kapellmitglied, 10 Jahre Vicekapellmeister und 30 Jahre Musikdirektor - das sind 55 Jahre Frankfurter Musikleben!

König, "im sogenannten rothen Hofe am Roßmarkt wohnend", war wohl vor allem bedeutend als Dirigent, nicht zuletzt telemannischer Werke, wie als Organisator. Von seiner Komposition sind in der Frankfurter Stadt- und Universitätsbibliothek nur 23 vollständige Kantaten (darunter zwei köstliche Hochzeitsmusiken für reiche Frankfurter) erhalten; dazu einige Fragmente und ihm zugeschriebene Stücke. Was er weiter und auch an anderen Gattungen geschrieben hat, vielleicht eine Oper, ist bislang nicht erwiesen. Der Musikwissenschaft lag vorläufig nur sein "Harmonischer Liederschatz" von 1737 vor, die bedeutendste Choralsammlung seiner Zeit; bekannt geblieben sind seine Melodien "O daß ich tausend Zungen hätte" und "Ich will dich lieben, meine Stärke" (Ev. Kirchengesangbuch 238, 254 / Ev. Gesangbuch 330, 400).

Außer einer ihm zugeschriebenen Passionskantate liegt keines seiner Werke im Neudruck vor. Die Wiederaufführungen seiner Kantaten nach den Manuskripten begannen 1974 in der Alten Nikolaikirche am Römerberg in Frankfurt und werden fortgesetzt. Daß es lohnend erscheint, sich gelegentlich für diesen (Klein-)Meister des 18. Jahrhunderts einzusetzen, möchte auch diese Schallplatten-Veröffentlichung erweisen!

 
Die Kantaten

Die "Cantate" war eine der wichtigsten musikalischen Formen des Barock. Wie in den Großformen Oper und Oratorium wurde ein - meist eigens geschaffener - Text, weltlich oder geistlich, abwechselnd in Solo- und Ensemble-Nummern dargeboten; die Chöre in "älterer" kunstvoller Vielstimmigkeit (Polyphonie) oder in der immer mehr bevorzugten melodiebestimmten und harmoniebegleiteten Homophonie, die Solopartien als Rezitativ (Sprechgesang) oder als Arie (Ziergesang), wobei die Instrumente ihren je möglichen "konzertierenden" Anteil hatten.

Die hier ausgewählte Kantate von Telemann Singet dem Herrn ist in Handschrift J. B. Königs überliefert (neben einer Berliner Abschrift). So ist ihre Entstehung in Hamburg anzunehmen, die Aufführung(en) in Frankfurt unter König.

Im Gegensatz zu den zahllosen Sonntagskantaten, die - wie auch so manches barocke Oratorium - wegen ihrer so ganz "zeitgemäßen" Texte Hörern des 20. Jahrhunderts oft fremd bleiben, ist hier "nur" ein Psalm, dazu ein wahrhaft klassischer, vertont. Solisten und Chor bringen Vers für Vers: teils im Concerto-grosso-Prinzip alternierend, teils "nach Fugenart", teils auch in "modernen" Arien mit virtuosen Koloraturen; letztere durchaus "opernhaft" sinnenfroh, ohne jedoch den Rahmen (von Gottesdienstmusik) zu sprengen. Die Kunst liegt im Detail, in der Erfindung und konzentrierten Verarbeitung prägnanter Motive.

Die gilt entsprechend für das erste Beispiel von König Ich hebe meine Augen auf. Die Entstehungszeit ist auch unbekannt. Stilistisch steht es (ebenfalls eher die Ausnahme) in der Tradition des frühbarocken Geistlichen Konzerts, ganz aus der Motetten-Praxis entstanden. Das einzelne Wort, nicht ein Gesamtausdruck, hat vielfach Anlaß zur Motiv-Gestaltung gegeben: das reicht vom aufsteigenden "Heben" am Anfang über die Wächter-Motivik beim "Hüter Israel" im Gegensatz zum ruhigen harmonischen Gleiten beim "schläft" und "schlummert" bis hin zur fröhlichen, fast nichtendenwollenden Ausgestaltung von "Ewigkeit".

Der "moderne" König erweist sich im zweiten Stück: Mein Glaubenslicht. Überschrieben mit "Quasimodogeniti - Von König - A 1727" und mit doppeltem Stimmen-Material dürfte die Partitur zur endgültigen Bestallung als Capell-Direktor entstanden sein.

Hier handelt es sich um eine fast typische "Sonntagskantate", wie sie - vielerorts - allwöchentlich fällig war. Ein eigens verfaßter Text nimmt Bezug auf Epistel und Evangelium des Sonntags, hier des ersten nach Ostern: 1. Joh. 5, 4-10 Glaube ist Sieg, Joh. 20, 19-31 Jesus und der ungläubige Thomas. Am Schluß steht eine bekannte Kirchenliedstrophe. Nur das dritte typische Element fehlt, die Bibelspruch-Vertonung, sonst meist am Anfang.

Die Sopran-Arie trifft mit ihrem zögernden Zagen und ihrer spätbarocken Seufzer-Melodik ganz den Ausdruck eines tiefempfundenen "Ach"-Sagens. Die Baß-Arie strahlt bereits Glaubens-Zuversicht aus: punktierte Aufwärtswendungen in schwingendem Dreiertakt. Der Chor übernimmt diesen Affekt in Moll, um vier Feindbildern zu trotzen (Sünde, Tod, Teufel, Welt) und durch sie hindurch zum Himmel zu dringen.

Daß König selbst auch Sänger war, spürt man immer wieder: selbst ganz instrumentengemäße Partien sind sängerisch atmend erfunden. Darin mag nähere Verwandtschaft zur Kunst Bachs festzustellen sein als zu Telemann, der oft mehr als Instrumentist geschrieben hat, dessen Einfluß freilich offensichtlich bleibt.

Die Kantaten von Johann Balthasar König sind charakteristische Werke ihrer Zeit: ausdruckshafte Musik des deutschen Hochbarock mit gelegentlichen Vorahnungen des nachfolgenden sogenannten "galanten" Stils. König war nicht seiner Zeit voraus, König war auch kein "Vollender", aber König war sehr wohl auf der Höhe seiner Zeit!

 
Der Chor

Die "Heinrich-Schütz-Kantorei Frankfurt/M." singt Motetten, Kantaten und regelmäßig Oratorien; neben den berühmten Großwerken immer wieder auch selten Aufgeführtes. In älterer Musik wird stets, auch bei Mitwirkung moderner Instrumente, versucht, den wichtigen Grundsätzen historischer Aufführungspraxis zu cntsprechen, besonders durch deklamatorische, "redeartige" Phrasierung und Artikulation des vielfältigen Motiv-Spiels wie durch reiche Ausführung von Ornamenten, vorgeschriebenen wie freien, bei Solisten wie im Tutti.

Horst Christoph Diehl

 


Anhang: Die Texte der Stücke 6)

Hervorhebungen (kursiv) = besondere Wortbetonungen

 
Telemann: Singet dem Herrn, Psalm 96,1-9

Sonata und Chor (Soli und Tutti)

    Singet dem Herrn ein neues Lied;
    singet dem Herrn alle Welt!

Duett (Alt/Tenor mit Basso continuo)

    Singet dem Herrn und lobet seinen Namen;
    prediget einen Tag am andern sein Heil!

Rezitativ, accompagnato (Baß)

    Erzählet unter den Völkern seine Ehre,
    unter allen Völkern seine Wunder!

Arie (Baß)

    Denn der Herr ist groß und hoch zu loben,
    wunderbarlich über alle Götter.
    Denn alle Götter der Völker sind Götzen,
    aber der Herr hat den Himmel gemacht.

Chor, Fuge

    Es stehet herrlich und prächtig für ihm,
    Und gehet gewaltiglich und löblich zu
    in seinem Heiligtum.

Arie (Alt mit Violine und Basso continuo)

    Ihr Völker, bringet her dem Herrn
    Ehre und Macht!

Duett (Sopran/Alt mit Basso continuo)

    Bringet her dem Herrn die Ehre seines Namens,
    bringet Geschenke und kommt in seine Vorhöfe!

Chor (Soli und Tutti)

    Betet an den Herrn im heiligen Schmuck!
    Es fürchte ihn alle Welt!

 
König: Ich hebe meine Augen auf

Chor

    Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen,
    von welchen mir Hülfe kömmet.
    Meine Hülfe kömmt von dem Herrn,
    der Himmel und Erden gemacht hat.

    Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen,
    und der dich behütet, schläft nicht.
    Siehe, der Hüter Israel
    schläft noch schlummert nicht.

Solo (Sopran mit Violine und Basso continuo)

    Der Herr behüte dich,
    der Herr ist ein Schatten über deiner rechten Hand!

Solo (Baß mit Oboen und Basso continuo)

    Daß dich des Tages die Sonne nicht steche,
    noch der Mond des Nachts!

Chor

    Der Herr behüte dich vor allem Übel,
    er behüte deine Seele,
    er behüte deinen Ausgang und Eingang
    von nun an bis in Ewigkeit!

 
König: Mein Glaubenslicht

Arie (Sopran)

    Mein Glaubenslicht ist schwach und klein,
    kaum daß ein Fünklein glimmet.
    So mancher zwinget sich nicht ein,
    der ihm die Kraft benimmet.

    Ich glaubte gern und kann doch nicht.
    Vertrauen, Trost und Zuversicht
    will sich dabei nicht finden,
    noch in dem Herzen gründen.

Rezitativ, accompagnato, secco (Alt, Tenor)

    (Alt) Ach, dieses macht mir tausend Schmerzen.
    Ich bin in Furcht und Angst,
    den Himmel zu verscherzen,
    denn ohne Glauben ist's unmöglich, Gott zu gefallen.
    Ist nun kein Glaube da,
    ach, so gefall ich Gott auch nicht;
    drum bin ich schon gericht't
    und dem Verderben nah.

    (Tenor) Doch, angefochtnes Herz,
    erhole dich nur wieder,
    denn Jesus selbst
    schlägt die Verzweiflung nieder,
    denn ein zerstoßen Rohr "zerbricht"
    und glimmend Docht "verlöscht" er nicht.

    Ein Sandkorn hält er auch von großer Kraft,
    daß solches Wunderwerke schafft.
    Ist gleich der Glaube klein,
    so muß er doch ein Glaube sein.
    Ist schon das Auge schwach,
    sieht's doch das Sonnenlicht,
    und zittert gleich die Hand,
    so hält sie doch die Gabe,
    die sie empfangen hat.
    Drum, ist nun gleich der Glaube schwach und matt,
    bei Gott liegt nichts daran;
    wann ich dereinst nur Christum halt' und habe,
    der auch das Schwache stärken kann!

Arie (Baß mit konzertierender Orgel und Basso continuo)

    Stärke mich, mehre meinen kleinen Glauben,
    du, mein Heil, Herr Jesu Christ!
    Wann der Feind geschäftig ist,
    mir das teure Gut zu rauben,
    ach, so wollst du in mir Schwachen
    deine Kraft recht mächtig machen!
    Drum, ich halte mich an dich. -
    Stärke mich!

Rezitativ, secco (Alt)

    Und in den Todesstunden,
    wenn allermeist der Glaube kämpfen muß,
    da bring mir deinen Friedensgruß
    und zeige mir die offnen Wunden.
    Da leg ich meine Hand des Glaubens fest hinein
    und will und muß durch dich gerecht und selig sein.

Chor

    Trotz' (= trotze!) der Sünde, trotz' dem Tode,
    trotz' dem Teufel, trotz' der Welt.

    Alles kann mein Glaube zwingen
    und durch sie (= hindurch) zum Himmel dringen.
    Weil mich Jesus stärkt und hält,
    kann ich dies Triumphlied singen
    und mein Ende gut vollbringen,
    wenn sich solches eingestellt.

Choral

    Trotz' dem alten Drachen,
    trotz' dem Todes-Rachen,
    trotz' der Furcht dazu!
    Tobe, Welt, und springe,
    ich steh hier und singe
    in gar sichrer Ruh.
    Gottes Macht hält mich in acht.
    Erd und Abgrund muß verstummen,
    ob sie noch so brummen.


1)  Korrigierte (Internet-)Fassung (September 2001)
2)
Beim Schneiden der LP wurden die Seiten vertauscht. Seite A enhält die Musik der Seite B (König), Seite B die Musik der Seite A (Telemann).
Bemerkung für Diskographen:
Ebenso verdreht ist die Matrizenbezeichnung der Seiten. Die Matrizennummern folgen nämlich nicht der auf den Seiten befindlichen Musik, sondern den richtigen Etiketten- bzw. Hüllenangaben. Somit verstärkt sich die mißverständliche Situation:
1.  Die gemäß Hülle und Etikett der Seite B zugedachte Musik (König) hat die Matrizennummer M 50160-A.
2.  Die gemäß Hülle und Etikett der Seite A zugedachte Musik (Telemann) hat die Matrizennummer M 50160-B.
3)
Farbige Wiedergabe auf dem Umschlag von: Werner Becher und Roman Fischer, Die Alte Nikolaikirche am Römerberg, Studien zur Stadt- und Kirchengeschichte; Franfurt/Main 1992 (Kramer, Sudien zur Frankfurter Geschichte, Band 32). Der Text dazu lautet: Ansicht des Römerbergs mit der Nicolaikirche zu Frankfurt am Main, nach der Natur gezeichnet und gestochen von Friedrich Wilhelm Delkeskamp (1822), HMF [Historisches Museum Frankfurt] C 41948.
4)
Der Ausschnitt kann mit den mir (DP) derzeit vorliegenden Mitteln nicht genauer bestimmt und datiert werden. Auf jeden Fall stammt er aus einem Plan der Zeit nach 1681, denn er enthält die neue Katharinenkirche, doch paßt er auch nicht ganz zu dem Plan von 1761, abgedruckt in:
Lothar Gall (Hg.), FFM 1200, Traditionen und Perspektiven einer Stadt; Sigmaringen 1994 (Thorbecke, Ausstellungskatalog), S. 134/135.
Matthäus Merian d. Ä. hatte 1628 die erste Fassung seines so akribisch ausgearbeiteten vogelperspektivischen Stadtplans herausgegegeben. Bis 1770 besorgten er und seine Nachfolger sechs weitere, jeweils aktualisierte Fassungen. Die mir bekannten Ausgaben bzw. Wiedergaben ähneln sich sehr; man muß wie bei einem Suchbild im Detailvergleich die Neuerungen auszumachen versuchen. Der Plan von 1628, der noch die alte Katharinenkirche zeigt, ist wiedergegeben in:
1.  Fried Lübbecke, Frankfurt am Main; Leipzig 1939 (Seemann), Abbildung 23 zwischen S. 40/41
2.  Frankfurter Historische Kommission (Hg., Vorsitz: Lothar Gall), Frankfurt am Main, Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen; Sigmaringen 1991, 2. Auflage 1994 (Thorbecke), S. 208.
5) So die originale Bildunterschrift, zu sehen in: Frankfurter Historische Kommission, siehe oben, S. 254.
6) Korrigiert (September 2001)

(HCD; HTML-Einrichtung, Anmerkungen: DP, Online: 15.9.2001, Stand: 30.4.2002)

 
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